Viele Menschen träumen vom Bau eines eigenen Fertighauses. Andere lassen sich durch Berichte über Baupfusch, juristische Probleme oder Grundstückspreise davon abhalten. Wieder andere Menschen erben ein älteres Reihenhaus oder erwerben ein Einzelhaus in Fertigbauweise. Solche Menschen müssen sich keine Gedanken um die Ausrichtung des Hauses auf dem Grundstück machen.
Diese Gedanken haben sich hoffentlich schon andere gemacht. In solchen Fällen geht es eher um Umbauten, Sanierungsvorhaben und energetische Wertsteigerungen. Doch wenn jemand sich zum Bau eines Fertighauses entschlossen hat, beeinflussen seine Entscheidungen zur planerischen Ausrichtung des Fertighauses eine ganze Reihe von Dingen – beispielsweise die Aufteilung der Räume, die optimale Lage des Nutzgartens oder die zukünftige Höhe der Energiekosten.
In diesem Artikel wird auf wichtige Aspekte eingegangen, die im Rahmen der Planung bei der Ausrichtung des Hauses auf dem Baugrundstück berücksichtigt werden sollten.
Welche Faktoren beeinflussen die Ausrichtung eines Hauses?
Wer einen Hausbau plant, sollte sich schon von Anfang an mit der Ausrichtung des Hauses befassen. Neben kommunalen baurechtlichen Vorschriften, die zu beachten sind, spielen auch die zukünftigen Energiekosten oder die Licht- und Temperaturverhältnisse im Haus eine Rolle. Zu beachten ist außerdem, ob alter Baumbestand oder nahe gelegene Nachbarshäuser Räume beschatten.
Auch die sogenannte Wetterseite eines Hauses beeinflusst, in welcher Ausrichtung der Neubau geplant werden sollte. Windverhältnisse und Niederschlagsmengen fallen auf der Wetterseite immer stärker ins Gewicht als auf der abgekehrten Hausseite.
Wie intensiv die Sonne auf der Terrasse scheint, darüber entscheidet die Ausrichtung des Hauses. Wenn Räume wie das Wohn- oder Kinderzimmer nach Süden hinaus liegen, erhalten sie auch in den Wintermonaten das meiste Licht. Nach Westen gelegene Räume sind hingegen in den Sommermonaten hell. Nach Osten ausgerichtete Zimmer sind nur Morgens und am Vormittag hell, während nach Norden liegende in der Regel permanent im Schatten liegen.
Mit diesem Grundwissen ausgestattet, können Hausbauer bereits vor dem Bau eines Fertighauses wichtige Entscheidungen bezüglich notwendiger Dämmungen, den Lichtverhältnissen angepasster Innenbeleuchtungs-Konzepte, der Fenster-Größen oder der nötigen Fenster-Verglasungen treffen. Große Fenster, Balkone und Terrassen liegen optimalerweise auf der Süd- oder Westseite eines Fertighauses. In Süd-Ausrichtung sollten das Wohnzimmer und die Wohnküche liegen, in Ost- oder Nordausrichtung liegen meist die Haustüre, der Treppenaufgang ins Obergeschoss sowie Carports und Garagen.
Zusammenfassung wichtiger Tipps zur optimalen Ausrichtung eines Neubaus
- Solarthermie- oder Photovoltaikanlagen sollten in Ost-West-Ausrichtung auf dem Ost-West-gelagerten Dach angebracht werden
- In Südlage liegen idealerweise die wichtigen Wohnräume inklusive der Wohnküche. Diese Räume sollten wegen der Tageslichtnutzung mit großen Fenstern ausgestattet werden
- An der West- oder Ostseite des Hauses werden die Kinderzimmer und die Schlafräume angelegt, damit sie sich im Sommer nicht zu sehr aufheizen
- An den kühleren und schattigeren West- oder Nordseiten des Gebäudes können die Wirtschafts- und Nebenräume eingeplant werden.
Inwieweit müssen Bauvorschriften berücksichtigt werden?
Der Grundriss und die Nähe des Neubaus zu den Nachbarn werden unter Umständen von baurechtlichen Vorschriften beeinflusst. Es ist schon vorgekommen, dass Fertighaus-Neubauten abgerissen werden mussten, weil das Grundstück dank eines Messfehlers die Abstandsregeln nicht eingehalten hatten und einer Flurgrenze oder einem Nachbargrundstück zehn Zentimeter zu nahe kamen.
Unter Umständen schränken baurechtliche Vorgaben also die Pläne ein, die der Bauherr im Kopf hat. Bebauungsgrenzen und -größen können folglich nicht nach freiem Belieben festgelegt werden. Falls es baurechtlich möglich ist, sollte die Dachausrichtung in Ost-west-Richtung geplant werden. Der Grund: Die Südseite des Hauses wäre dann der ideale Platz für eine Solarthermie- oder Photovoltaikanlage. Damit wären die Warmwasser- und die Heizwärme-Versorgung bzw. die Solarstrom-Erzeugung mit optimalen Bedingungen ausgestattet.
Auch Dachgeschosswohnungen oder im Dachgeschoss genutzte Räume sollten mit Fenstern ausgestattet werden, die nach Süden zeigen. Eine gute Wärmedämmung verhindert Wärmeverluste, aber auch Auskühlung und Überhitzung.
Warum ist die Ausrichtung des Hauses planerisch wichtig?
Vier Kerneigenschaften werden durch die Ausrichtung des Hauses entscheidend beeinflusst: die Energieeffizienz, die natürlichen Lichtverhältnisse, der Wohnkomfort und die umweltbezogenen Eigenschaften. Auch der materielle Wert eines Hauses kann durch seine Ausrichtung maximiert oder minimiert werden.
Kerneigenschaft der Ausrichtung: Energieeffizienz
Eine optimale Ausrichtung des Hauses gemäß der Sonneneinstrahlung beeinflusst die Energieeffizienz. Sie minimiert die Kosten der Beheizung und gegebenenfalls die der Kühlung des Hauses durch eine Klimaanlage. Wenn der Neubau von vorneherein so geplant wird, dass Sonnenlicht und Sonnenwärme optimal genutzt werden, können beträchtliche Kostenersparnisse erzielt werden. Zudem kann auch die Überwärmung einer Hausseite sowie die daraus resultierende Notwendigkeit zur Installation einer Klimaanlage oder einer beschattenden Markise vermieden werden.
Kerneigenschaft bei Fertighaus-Ausrichtung: Natürliche Lichtverhältnisse
Je mehr Tageslicht in die wichtigen Wohnräume fällt, desto weniger hohe Kosten fallen für die Beleuchtung an. Wird der Bedarf an künstlicher Beleuchtung minimiert, beeinflusst das die zukünftige Höhe der Energiekosten. Zudem ist das Tageslicht das gesündeste Licht. In den dunkleren Räumen an der Nord- und Westseite sollten daher energieeffiziente Tageslichtleuchten installiert werden.
Kerneigenschaft bei der Ausrichtung: Wohnkomfort bei
Wohnkomfort entsteht durch eine optimale Hausausrichtung, weil diese Einfluss auf die Belüftung des Hauses nimmt. In den Sommermonaten werden in den meisten Räumen angenehme Temperaturen gemessen. Die Installation einer Klimaanlage wird nicht notwendig. Liegen die Wohnräume in einer ungünstigen Ausrichtung, sind sie entweder zu warm oder zu kühl, zu hell oder zu schattig. Die Ausrichtung eines Hauses beeinflusst neben dem Wohlfühl-Faktor auch die immunologischen Widerstandskraft oder die seelische Verfassung der Bewohner*innen.
Kerneigenschaft bei der Ausrichtung des Fertighauses: Umweltbezogene Faktoren
Die Lage des Hauses beeinflusst, ob an einer Hausseite ein Windkorridor entsteht oder ob bei Herbststürmen beträchtliche Schäden am Fertighaus entstehen. Umweltfaktoren haben in neuerer Zeit erhebliche Schäden an Häusern verursacht – vor allem an Gebäuden in ungünstiger Lage und Ausrichtung.
Kerneigenschaft: der Wert des Hauses
Ein Haus, dessen Lage und Ausrichtung stimmig ist und das dadurch besonders energieeffizient, angenehm temperiert und hell ist, hat einen höheren Verkaufswert als eines, das schattig, kühl und ungemütlich wirkt. Potenzielle Käufer achten durchaus auf das Erscheinungsbild und den ersten Eindruck, den sie bei einer Begehung erhalten.
Der Abstand zum Nachbargrundstück
Schon die alten Römer kannten dieses Problem. Sie regelten es in aller Ausführlichkeit durch das Zwölftafel-Gesetz.
Wenn ein Bauherr sein Fertighaus zu nah ans Nachbargrundstück oder ein Flurstück der Gemeinde baut, kann das zu gravierenden Rechtsstreitigkeiten führen. Schlimmstenfalls droht der Abriss. In jedem Fall kommt es aber häufig zu nachbarschaftliche Streitereien über Wegerechte und Grundstücksgrenzen.
Mindestabstände zu Nachbargebäuden einhalten
Die gesetzlich vorgesehenen Mindestabstände zu einem Nachbargebäude bzw. einer Grundstücksgrenze müssen eingehalten werden.
Weder dürfen Brände bei zu eng stehenden Häusern auf andere Häuser übergreifen, noch darf die Wohnqualität von Nachbarn durch die Aushebelung von sozialer Distanz oder Lichteinfall geschmälert werden.
Mindestens 2,5 bis 3 Meter Abstand müssen zwischen einem Gebäude und der Grundstücksgrenze des Nachbarn gewährleistet sein. Es kommt allerdings darauf an, wo das Gebäude gebaut werden soll und welchem Zweck es dient
Bauordnungsrecht und Nachbarrechtsgesetze beachten
Die Abstandsregelungen werden als Teil des Bauordnungsrechts von den Bundesländern geregelt. Nur unter bestimmten Bedingungen dürften die Vorgaben in der Bauordnung durch die Vorrechte von kommunalen Bebauungsplänen ausgesetzt werden.
Zusätzlich werden in Fällen von Fertighaus-Neubauten oft Nachbarrechtsgesetze anwendbar. Diese regeln beispielsweise die Höhe von Umzäunungen und Anbauten sowie das Recht auf Tierhaltung oder zulässigen Bepflanzungen. Selbst die Dachfläche bzw. die Art des Daches und dessen Neigungswinkel werden bei den Berechnungen berücksichtigt.
Im Zweifel kann Abstandsflächen-Übernahmeerklärung helfen
Falls ein Fertighaus mangels Platz nur auf eine bestimmte Weise ausgerichtet werden kann, können die Nachbarn mittels einer Abstandsflächen-Übernahmeerklärung für die Nicht-Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestabstände ihr Einverständnis geben.
Was Balkone, Terrassen, Erker und Gauben betrifft, stellen solche Vorbauten zwar flächenmäßig eine Ausdehnung der Grundfläche dar. Bei nicht mehr als anderthalb Metern, die sie über die Grundfläche hinausragen, sind aber keine juristischen Konsequenzen zu befürchten. Gleiches gilt für Wärmedämmungen, die die Wanddicke erhöhen.
Garten vorne oder hinten?
Was die Position eines Gartens angeht, ist der Wanderungs-Verlauf der Sonne am Tage ein entscheidender Faktor. Reine Blumengärten werden oft auf kleiner Fläche als Vorgarten angelegt. Gemischte Gärten oder reine Nutzgärten sollten nach Möglichkeit östlich oder südlich vom Fertighaus liegen. An der Westseite ist es in der Regal zu trocken. Auf der Nordseite ist es schattig, zugig und kalt. Obst- und Gemüseanbau lässt sich hier nicht mit guten Ergebnissen umsetzen.
Bei manchen Fertighäusern erlauben schon die Grundstücksgrößen eine andere Entscheidung. Hier können Nutzgärten und Holzterrassen beispielsweise in weiterer Entfernung vom Haus angelegt werden, sodass eine Beschattung durch das Haus keine Rolle spielt.
Überlegungen für Niedrigenergie, Passiv- oder Effizienzhäuser
Für diese Häusertypen sind die Überlegungen über die Ausrichtung des Neubaus besonders relevant. Einer der Gründe sind die dafür geltenden Standards, die die Energieeffizienz betreffen.
Die Energieeffizienz wird bei KfW-Effizienzhäusern durch Ziffern beschrieben. Ein Effizienzhaus mit den Zahlenkennungen 40, 55, 70, 85 oder 100 kennzeichnet den jeweils angesetzten Effizienz-Standard. Für diesen gelten jeweils andere Vorgaben. Außerdem können für jeden Effizienz-Standard unterschiedliche Fördermöglichkeiten beantragt werden. Wichtig ist: Bei einem KfW-Effizienzhaus muss die Solaranlage auf der richtigen Hausseite liegen, um die nötige Energieeffizienz zu erreichen.
Auch bei Niedrigenergiehäusern muss die optimale Nutzung der Sonnenenergie gewährleistet sein. Alle Wohnräume sollten nach Süden oder Westen liegen. Der Faktor „Wärmedämmung“ wird bei Passivhäusern besonders relevant. Hier müssen die Ausrichtung des Hauses und die Qualität der Wärmedämmung zusammen gedacht werden.
Mehr zu den einzelnen, energetischen Standards im Rahmen von Fertighaus-Bauprojekten finden Sie übrigens hier: